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Wirkungen von Maßnahmen zur Umweltentlastung - Betonpflasterbauweisen

Die Pflasterbauweise ist eine der ältesten Straßenbefestigungen überhaupt. Die Betonpflasterbauweise als solche kennt man seit rund 100 Jahren, ihre Bedeutung als technisch ausgereifte und wirtschaftliche Bauweise zur Befestigung von Verkehrsflächen vielfältigster Art erlangte sie allerdings erst ab etwa Mitte des vorigen Jahrhunderts. Die bautechnischen, wirtschaftlichen und gestalterischen Vorteile dieser Bauweise sind in unzähligen Fachaufsätzen, Hersteller- und Verbandspublikationen in den zurückliegenden Jahrzehnten beschrieben worden. Was bisher fehlte, war eine Abhandlung zur Betonpflasterbauweise, bei der die Umweltbelange im Vordergrund stehen. Der vorliegende Fachartikel schließt diese Lücke. Er beschreibt, wie die Befestigung von kommunalen Verkehrsflächen in Betonpflasterbauweise als eine Maßnahme zur Reduzierung von Umweltwirkungen verstanden werden kann. Dabei wird auf wichtige umweltrelevante Aspekte eingegangen.



Einführung


Innerörtlich haben Pflasterbauweisen eine hervorgehobene Bedeutung, da bei der Herstellung, Erneuerung oder beim Umbau entsprechender Verkehrsflächen häufig gestalterische Aspekte eine große Rolle spielen, für die Pflastersteine ein breites Gestaltungsrepertoire bieten. Durch den gezielten Einsatz von Pflasterdecken können aufgrund ihrer technischen Eigenschaften und gestalterischen Vielfalt Leitelemente, Begrenzungen und gestalterische Bindungen aus dem städtebaulichen Umfeld aufgenommen und mit hoher Qualität umgesetzt werden. So können z. B. bei einer flächigen Gestaltung mit weichen Übergangen zwischen Fahrbahn und Seitenbereichen die für den Kfz-Verkehr vorgesehenen Räume durch unterschiedlich verlegte Pflastersteinformate oder -farben als Abgrenzung zu den Verkehrsräumen für Fahrradfahrer oder Fußgänger kenntlich gemacht werden (Bild 1).

Ortsdurchfahrt Rudersberg
Bild 1: In Pflasterbauweise umgestaltete L 1080 in der Ortsdurchfahrt Rudersberg

Pflasterbauweisen, insbesondere in ungebundener Ausführung, haben neben dem gestalterischen Aspekt einen weiteren Vorteil, der gerade bei kommunalen Verkehrsflächen zum Tragen kommt. Bei Aufgrabungen, die z. B. aufgrund von Reparaturen an unterirdischen Versorgungsleitungen oder Hochbaumaßnahmen notwendig werden, lässt sich die Pflasterdecke leicht öffnen und wieder schließen; zudem können die aufgenommenen Steine in der Regel wiederverwendet werden.

Da bei innerörtlichen Verkehrsflächen Betonpflasterbauweisen im Vergleich zu Pflasterklinker- oder Natursteinbauweisen häufiger zum Einsatz kommen, werden nachfolgend die Einsatzbereiche und die mit dieser Bauweise verbundenen Umweltaspekte vertieft dargestellt.

Mit Betonpflasterbauweisen lassen sich nahezu alle Arten von befahrenen und nicht befahrenen Verkehrsflächen herstellen, wenn hierbei die Begrenzung der Verkehrsbelastung – maximal Belastungsklasse Bk3,2 gemäß den Richtlinien für die Standardisierung des Oberbaus von Verkehrsflächen [FGSV2012] – grundsätzlich beachtet wird.

Wenn der Einsatzbereich der Belastungsklasse Bk3,2 aufgrund der bestehenden Kfz-Verkehrsmengen und Verkehrszusammensetzung überschritten wird, kann im Vorfeld der Objektplanung eine verkehrsplanerische Prüfung sinnvoll sein. Es sollte untersucht werden, ob mit verkehrslenkenden Maßnahmen vor allem der Lkw-Verkehr verringert und somit die Fahrbahnbelastung herabgesetzt und/oder die Anordnung einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit kleiner als 50 km/h angeordnet werden kann. Eine geringe Fahrgeschwindigkeit kommt einer Pflasterdecke sowie der Umwelt immer zugute, weil einerseits die dynamischen Beanspruchungen auf die Konstruktion und andererseits die Reifen-Fahrbahn-Geräusche reduziert werden. Aufeinander abgestimmte verkehrliche und gestalterische Planungskonzepte können daher die Voraussetzungen für den Einsatz von Pflasterbauweisen verbessern.


Umweltwirkungen


Allgemeines

Betonpflasterbauweisen können auf sehr unterschiedliche Weise positiv auf die Umweltbelastung einwirken. Das betrifft vor allem die Bereiche Lärmminderung, Luftreinhaltung, Klimaschutz, Stadtklima und Wasserwirtschaft.


Verbesserung der Luftqualität

In der Neununddreißigsten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes [39. BImSchV] sind verschiedene Luftschadstoffe, unter anderem Feinstaubpartikel (PM10) und Stickstoffdioxid (NO2), mit Grenzwerten belegt.

Stickstoffdioxid
Zu den Quellen von Stickstoffdioxid (NO2) in der Umgebungsluft gehören vor allem Verbrennungsprozesse. Obwohl aufgrund der Entwicklung der Motorentechnik die NO2-Gesamtemissionen des Kfz-Verkehrs in den letzten 25 Jahren gesenkt werden konnten, gilt der Straßenverkehr weiterhin als wesentlicher Verursacher. Dies führt dazu, dass der Jahresmittelgrenzwert für NO2 von 40 μg/m³ insbesondere in Ballungsräumen bzw. in eng bebauten Straßenschluchten häufig überschritten wird. Stickstoffdioxid kann durch eine photokatalytische Reaktion mit Titandioxid (TiO2), das dem Beton bei der Herstellung zugegeben werden kann, umgewandelt und damit abgesenkt werden (Bild 2).

Grafik zum Ablauf der NOx-Reduktion durch Tiocem
Bild 2: Ablauf der NO2-Reduzierung durch den Einsatz von TiO2 in Flächenbefestigungen mit Betonpflastersteinen (Quelle: HeidelbergCement AG)

Bezüglich der Bewertung der Wirksamkeit ist zwischen der Abbaurate und dem Minderungspotenzial auf die NO2-Konzentration zu unterscheiden. Die Abbauraten sind die Minderungen, die sich im Labor (sogenannte Reaktorkammern) oder in Freifeld-Prüfkammern (diese werden auf den Straßenbelag aufgesetzt) ergeben. Sie weisen auf das Minderungspotenzial bei direktem Kontakt des Luftpaketes mit dem photokatalytischen Material hin und sind nur auf Konzentrationsänderungen in Bereichen knapp oberhalb des Fahrbahnbelages anwendbar.

Die Minderungspotenziale auf die NO2-Luftkonzentrationen an beurteilungsrelevanten Immissionsorten (1,5 bis 4 Meter über Grund oder an Gebäudefassaden) sind wegen der atmosphärischen Vermischung zwischen reduzierten und nicht reduzierten NO2-Konzentrationen im Allgemeinen deutlich geringer. So zeigen zwar die Abbauraten in Labor- oder Freifeld-Prüfkammern mit 40 bis 70 % ein sehr hohes Minderungspotenzial, in-situ-Messungen und deren Auswertung sowie entsprechende Modellrechnungen zeigen aber tendenziell Minderungspotenziale von wenigen Prozent. Diese methodischen Unterschiede zwischen Abbaurate und Minderungspotenzial sind auch der Grund, warum die wenigen vorliegenden Studien deutliche Unterschiede dokumentieren. So werden Minderungspotenziale von „nicht nachweisbar"bis zu 40 % veröffentlicht [GAL2015], [DBU2010].

Beispiele
Durch Direkt-Messungen von NOx am Gothaer Platz in Erfurt konnten durch Vergleich mit photokatalytisch inaktiven Flächen Abbaukapazitäten von 20 bis 35 % gezeigt werden. Die Messstelle befand sich 3 Meter über der Pflasteroberfläche. Es wurde weiterhin festgestellt, dass neben dem photokatalytischen Abbau auch Sorptionsprozesse zur Schadstoffminderung beitragen. Langzeituntersuchungen zeigen, dass auch nach 23-monatiger Nutzung die anfängliche Abbaukapazität für NOx vorhanden war [DBU2010].

Beim Neubau des Zentralen Omnibusbahnhofs in Detmold und der damit verbundenen Umgestaltung des Bahnhofsumfeldes wurden in den Jahren 2012 und 2013 rund 4.500 m² Betonsteinpflaster sowie die in Ortbetonbauweise hergestellten Busfahrstreifen mit photokatalytisch aktiver Oberfläche ausgeführt (Bild 3). Als Ergebnis der Untersuchungen zum Nachweis der Wirksamkeit der photokatalytisch aktiven Flächen ist festzustellen, dass in den Wasserproben der photokatalytisch aktiven Flächen eine um etwa 30 % höhere Nitratkonzentration vorliegt als in den Proben der Referenzflächen [DBU2015]. Der Einsatz der innovativen Werkstoffe führte zu geringen Mehrkosten von etwa 3,4 % bezogen auf die Gesamtkosten des Projektes. Die Stadt Detmold als Bauherr erhielt für das Projekt den Preis „Innovation schafft Vorsprung", der durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) und den Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e. V. (BME) vergeben wird.

Ortsdurchfahrt Detmold
Bild 3: ZOB Detmold, Betonpflasterflächen mit TiO2-Beschichtung (Quelle: Hochschule Ostwestfalen-Lippe)

Innerhalb eines mehrere Projekte umfassenden Pilotprogramms, welches von der Bundesanstalt für Straßenwesen koordiniert wurde, soll das Stickoxid-Minderungspotenzial von Titandioxid unter Realbedingungen an verschiedenen Bauwerken quantifiziert werden. Dabei wurden bzw. werden Studien an hochfrequentierten Verkehrswegen – insgesamt an drei Standorten – durchgeführt: An einer Lärmschutzwand an der BAB A 1 bei Osnabrück, an einem Straßenbelag an der B 433 in Hamburg und in einem Tunnel an der A 113 in Berlin. Der abschließende Teilbericht zu der Studie „BAB A 1" befindet sich derzeit im Veröffentlichungsprozess.

In [Baum2015] wird über die Ergebnisse der Studie „BAB A 1" ausführlich berichtet. Die Auswertungen ergaben eine Minderung der Stickoxidbelastung durch photokatalytisch aktive Oberflächen von einstelligen Prozentzahlen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Entwicklung der Minderungsraten in Verbindung mit den Bewitterungsuntersuchungen über die Jahre der Messdatenaufnahme hinweg vermuten lassen, dass die auf den Lärmschutzwänden aufgetragene photokatalytische Suspension zum Teil mehrere Monate benötigt, um sich „freizubrennen" und die aktiven TiO2-Partikel an die Oberfläche treten zu lassen. Vor diesem Hintergrund werden die in Straßennähe auftretenden, verkehrsbedingten Verunreinigungen auf den photokatalytischen Oberflächen der Lärmschutzwand als kontraproduktiv eingeschätzt, und die Autoren vermuten, dass dieses Phänomen bei einer Verwendung von Bau-Beton, dem die TiO2-Partikel unmittelbar zugesetzt werden, nicht auftritt.

Feinstaub
Zu den Quellen der Feinstaubpartikel gehören neben den motorbedingten Emissionen (sogenannter Dieselruß) auch Emissionen aus Abriebvorgängen (Bremsen, Reifen und Fahrbahn) sowie aus der Wiederaufwirbelung von Straßenstaub. Der derzeitige Kenntnisstand dieser Prozesse geht davon aus, dass im innerstädtischen Bereich ca. 50 % der verkehrsbedingten Partikelemissionen motorbedingt sind.

Der Einfluss der Interaktion zwischen Fahrbahn und Fahrzeug ist also eine nicht zu vernachlässigende Größe, die aber derzeit noch nicht vollständig erklärt werden kann. Insbesondere schadhaften Fahrbahnoberflächen werden gegenüber intakten Fahrbahndecken erhöhte PM10-Emissionen zugesprochen. Der Einfluss des Oberflächenmaterials (Asphalt, Beton usw.) auf die Partikelemissionen kann derzeit nicht quantifiziert werden.

Verringerung der Lärmbelästigung

Befahrbare Verkehrsflächen mit begrenzter Verkehrsbelastung können gemäß den RStO 12 grundsätzlich mit Betonpflasterdecken ausgeführt werden. Bisher wird davon – mit dem Hinweis auf die RLS-90 bzw. auf gegenüber einer Asphaltdecke mutmaßlich deutlich erhöhte Rollgeräuschemissionen – noch vielfach Abstand genommen.

Eine umfangreiche in den Jahren 2012 und 2013 durchgeführte Untersuchung hatte unter anderem das Ziel, die akustischen Eigenschaften von Straßen aus Betonsteinpflaster durch CPX-Messungen und SPBMessungen festzustellen und Vergleichswerte zu den DStrO-Werten nach den RLS-90 zu ermitteln. Das Ergebnis zeigt, dass die momentan gültigen DStrO-Werte der RLS-90 die Wirkung im Hinblick auf Betonpflaster nicht ausreichend beschreiben. Der Malus von 3 dB für ebenes Pflaster ist für zahlreiche Betonpflasterstraßen in entsprechender Ausführung nicht gerechtfertigt.

Betonpflasterdecken können zum Teil als geräuschneutral im Vergleich zum Referenzwert eingestuft werden. Nach dem Bericht sowie weiteren Berechnungen sind folgende Bedingungen für ein lärmarmes Pflaster, d. h. für ein solches mit einem Korrekturwert von 0 dB zum Referenzwert, einzuhalten:

  • Fugenausrichtung unter einem Winkel von 45° zur Fahrtrichtung,
  • vergleichsweise große Steinformate (ab einer Steinbreite von etwa 130 mm), d. h. geringer Fugenanteil,
  • Ausbildung möglichst schmaler Fugen (i. d. R. 3 bis 5 mm),
  • ungefaste oder gering gefaste Kanten,
  • akustisch günstige Oberflächentextur.


Des Weiteren muss die Pflasterdecke, wie andere Fahrbahnoberflächen auch, dauerhaft die Ebenheitsanforderungen erfüllen. Dies setzt voraus, dass Planung und Ausführung unter Verwendung geeigneter Baustoffe und nach den einschlägigen Technischen Straßenbauregeln erfolgen. Zudem ist eine regelmäßige Zustandskontrolle der Verkehrsflächen sowie die zeitnahe Durchführung gegebenenfalls erforderlicher Erhaltungsmaßnahmen eine wesentliche Voraussetzung.

Beispiele
Im Zuge der Untersuchungen wurden in Rödermark/Ober-Roden, Osterholz-Scharmbeck, Iffezheim und Sandweiler (Luxemburg) Strecken gemessen, deren Vergleichswert zum DStrO-Wert zwischen -1,1 und -2,8 dB lag. Für diese Strecken wurden Betonpflastersteine mit gering gefasten Kanten und mit Abmessungen zwischen 16 x 24 cm und 20 x 30 cm diagonal zur Fahrtrichtung verlegt. Bei den ermittelten Werten sind die Reflexionsanteile bereits abgezogen, d. h. sie sind unabhängig von der jeweiligen örtlichen Situation.

Reduzierung der Flächenversiegelung

Maßnahmen zur Entsiegelung befestigter Flächen dienen dazu, die ursprüngliche Bodenfunktion so weit wie möglich wieder herzustellen. Dies ist jedoch nur dort umsetzbar, wo auf den funktionellen Nutzen einer versiegelten Fläche verzichtet werden kann.

Eine Reduzierung der Flächenversiegelung kann aber bereits erreicht werden, indem bestehende versiegelte Flächen, wie Verkehrsflächen, durch versickerungsfähige Bauweisen ersetzt werden, sodass der funktionelle Nutzen der betreffenden Verkehrsflächen erhalten bleibt, gleichzeitig aber die positiven Effekte einer Versickerung zum Tragen kommen. Diese sind z. B.:

  • Minderung von Hochwasserabflüssen – Senkung der Abflussspitzen durch verzögerte Ableitung von Niederschlagswasser
  • Entlastung der Kläranlagen – Verringerung der Abwassermengen durch Heraushalten des vergleichsweise sauberen Regenwassers aus der Mischwasserkanalisation. Dadurch Entlastung und Verbesserung der Reinigungsleistung in den Kläranlagen.
  • Erhaltung der Grundwasserneubildung – Durch Entsiegelung großer Flächen in städtischen Räumen wird eine Verbesserung der Grundwasserneubildung erreicht und die Bereitstellung von sauberem Grundwasser erleichtert.
  • Reduzierung des Wärmeinseleffektes – Großräumige Flächenversiegelungen tragen zur Erwärmung der Innenstädte bei. Das Niederschlagswasser läuft relativ schnell ab und steht nicht für die Verdunstung zur Verfügung. Versickerungsfähige und begrünbare Flächenbefestigungen wirken dem entgegen.


Zudem können beim Neubau von Verkehrsflächen negative Umweltwirkungen für die Bodenfunktion durch die Verwendung von versickerungsfähigen Bauweisen begrenzt werden.

Mit versickerungsfähigen Betonpflasterbauweisen, die bereits seit 1998 im Technischen Regelwerk des Straßenbaus hinterlegt sind, kann eine Reduzierung der Flächenversiegelung erreicht werden, ohne dass Einschränkungen bei den funktionalen und gestalterischen Ansprüchen in Kauf genommen werden müssen.

Versickerungsfähige Bauweisen dürfen nur im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben hinsichtlich des Boden- und Grundwasserschutzes und bei begrenzter Verkehrsbelastung angewendet werden.

Beispiel
Zur Weltausstellung EXPO 2000 in Hannover war der Neubau von dauerhaften Busund Pkw-Stellplätzen zur Nachnutzung durch die Messe AG erforderlich. Eine technische Anforderung bestand in der Schaffung einer naturnahen Regenwasserbewirtschaftung ohne Inanspruchnahme von Kanalsystemen. Hierzu erfolgte die Einrichtung eines mehrstufigen Systems aus verschiedenen Komponenten der Regenwasserrückhaltung und -versickerung.

Neben einem System aus großvolumigen Mulden-Rigolen-Elementen (Bild unten) übernahm eine weitere Entlastung des Entwässerungssystems die Befestigung der Parkplätze mit einem versickerungsfähigen Verbundpflastersystem.

Grafik
Bild: Entwässerungssystem für Busparkplätze (Quelle: Borgwardt)

Die Parkplätze wurden in den Jahren 1996 bis 2000 für die Weltausstellung gebaut und intensiv durch Reisebusse genutzt. Die bis dato schadensfreien Pflasterflächen erledigen die Entwässerung auch nach gut 20 Jahren Betriebsdauer und erfüllen damit bereits über einen langen Zeitraum die Aufgabe einer ordnungsgemäßen, nachhaltigen und naturnahen Bewirtschaftung des Regenwassers.

Behandlung von Niederschlagswasser

Seit einigen Jahren werden speziell konzipierte versickerungsfähige Betonpflasterbauweisen für Kfz-Verkehrsflächen auch als Anlagen zur dezentralen Behandlung von Niederschlagswasser eingesetzt. Voraussetzung für den Einsatz ist die Einhaltung der Anforderungen, die in den Zulassungsgrundsätzen für Niederschlagswasserbehandlungsanlagen des Deutschen Instituts für Bautechnik (DIBt) geregelt sind.

Das Niederschlagswasser versickert durch die Oberbaukonstruktion hindurch, und gleichzeitig wird die im Niederschlagsabfluss enthaltene Schmutzfracht mithilfe der speziell konzipierten Betonpflasterdecke durch Filtration, Sorption und Ionenaustausch zurückgehalten. Dies bietet Vorteile für den Boden- und Grundwasserschutz.

Der Einsatzbereich derartiger Systeme liegt in kommunalen Straßen und Gewerbeflächen, die aufgrund des zu erwartenden vergleichsweise hohen Schadstoffanfalls nicht mehr mit herkömmlichen versickerungsfähigen Pflastersystemen ausgeführt werden sollten. Durch die zertifizierten Betonpflasterdecken kann die in dem FGSV-Merkblatt für Versickerungsfähige Verkehrsflächen geforderte Einzelfallprüfung geführt werden, sodass eine Gefährdung des Grundwassers ausgeschlossen ist. Diese Einzelfallprüfung ist erforderlich, um versickerungsfähige Betonpflaster auch über die Belastungsklasse Bk0,3 hinaus einzusetzen. Im Einzelfall ist gemäß den Zulassungsgrundsätzen ein Einsatz auf Straßen mit einer DTV von bis zu 15.000 Kfz/24 h und Pkw-Parkplätze mit häufigen Fahrzeugwechseln möglich. Voraussetzung für die Anwendung einer abwasserbehandelnden Pflasterdecke ist selbstverständlich, dass die bautechnischen Belange einer Bauweise mit Pflasterdecke eingehalten werden.

Ein Kernpunkt der Zulassungsgrundsätze ist neben der dezidierten Beschreibung der zu verwendenden Baustoffe und der Forderung von Eigen- und Fremdüberwachung der betreffenden Produkthersteller die Anforderung an eine wirkungsvolle Reinigungsmöglichkeit des Belages. Hierzu steht die entsprechende Technik zur Verfügung. Die im Belag angelagerten Schadstoffe können mittels maschinellem Spül-Saug-Verfahren entfernt und aufgenommen werden. Das Reinigungsgut ist gemäß den gesetzlichen Bestimmungen zu entsorgen. Die hydraulische Funktion der Pflasterdecke wird i. d. R. durch das Reinigungsverfahren auf das Ausgangsniveau zurückgeführt.

Die Reinigung wird nur notwendig, wenn die Versickerungsleistung des Systems unter die spezifische Versickerungsrate von 270 l/ (s×ha) abfällt. Dafür ist die Versickerungsleistung mindestens alle zehn Jahre zu prüfen. Üblicherweise fallen bei einer Nutzungsdauer des Belages von 30 Jahren nicht mehr als zwei Reinigungsvorgänge an.

Beispiel
Für das neue Verwaltungsgebäude der Maschinenbau Scholz GmbH & Co. KG in Coesfeld war der Bau eines Firmenparkplatzes mit ca. 5.000 m² notwendig. Die Aufgabenstellung des Bauherrn beinhaltete eine ökologische Befestigung des Parkplatzes, indem das Niederschlagswasser dauerhaft und vollständig versickert, dabei ein weitgehender Schutz des Bodens und des Grundwassers unterhalb des Parkplatzes erfolgt. Damit konnte auf einen Anschluss der Fläche an die Kanalisation verzichtet werden, und für den Parkplatz fallen keine Niederschlagswassergebühren an. Diese Vorgaben konnten mit einem 2007 neu konzipierten Betonsteinpflaster realisiert werden.

Verringerung des Wärmeinseleffekts

Der Wärmeinseleffekt ist ein typisches Merkmal des Stadtklimas. Im Gegensatz zu unbebauten Flächen wirken bebaute Flächen als Wärmespeicher. Durch die starke Aufwärmung tagsüber und die eingeschränkte Abkühlung nachts werden großstädtische Bereiche im Vergleich zum Umland deutlich wärmer mit der Folge einer höheren Anzahl „heißer Tage" und „Tropennächte" (Bild).

Diagramm zur Temperatur in Städten

Solche Temperaturen belasten extrem den menschlichen Körper, und es besteht ein enger Zusammenhang zwischen Tropennächten und erhöhter Mortalität. Nach einer Studie aus dem Jahr 2015 können ca. 4 bis 5 % der jährlichen Todesfälle in Berlin – statistisch gesehen – mit Hitzeereignissen in Verbindung gebracht werden.

Beeinflusst wird dieser Effekt auch durch die Farbe befestigter Flächen. Es ist nachgewiesen, dass sich die Luft infolge von Sonneneinstrahlung über hellen Flächen weniger stark aufheizt als über dunklen Flächen. Das kann über den sogenannten Solar Reflectance Index (SRI) quantifiziert werden.

Häufig wird im Zusammenhang mit der solaren Reflexion auch der Begriff „Albedo" verwendet. Dieser beschreibt ausschließlich den solaren Strahlungsreflexionsgrad, während in die Berechnung des SRI-Wertes zusätzlich auch der thermische Emissionsgrad einfließt.

Für eine ganze Reihe von unterschiedlich farbigen Betonsteinen, wie sie üblicherweise für die Herstellung von Pflasterdecken und Plattenbelägen in städtischen Räumen eingesetzt werden, stehen Messwerte unter anderem hinsichtlich des thermischen Emissionsgrades und des SRI-Wertes zur Verfügung. Damit kann in der Planungsphase die Oberfläche von zu befestigenden Verkehrsflächen so ausgewählt werden, dass ein guter Kompromiss zwischen der Begrenzung des Wärmeinseleffektes und den Gestaltungsanforderungen erzielt werden kann.

Anfragen aus der Planungspraxis an die Hersteller bezüglich der Farbe von Betonsteinen und deren zugehörigen SRI-Wert nehmen zu. Das folgende Bild zeigt zwei unterschiedliche Grautöne von Betonsteinen mit Angabe des SRI-Wertes.

Steinoberflächen

Neben den oben angesprochenen Aspekten können helle Oberflächen auch zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit der Verkehrsinfrastruktur und zu CO2-Einsparungen beitragen. Durch die günstigeren Reflexionseigenschaften können bei Planung und Betrieb der Straßenbeleuchtung Kosten und Energie durch niedrigere Leistung oder größere Lichtpunktabstände eingespart werden. Naturgemäß fällt die Einsparung bei bereits installierter LED-Technik geringer aus als bei konventioneller Technik. Helle Oberflächen sind darüber hinaus dazu geeignet, die Wahrnehmungsbedingungen der Verkehrsteilnehmer zu verbessern. Die Erkennbarkeit von Hindernissen oder anderen Verkehrsteilnehmern wird erhöht; die visuelle Führung des Verkehrs und der Verkehrsfluss werden positiv beeinflusst.

Verbesserung der Ökobilanz

Innerörtliche Verkehrsflächen werden in Abhängigkeit von der zu erwartenden Verkehrsbelastung in der Regel in einer Asphaltbauweise, einer Betonbauweise (Ortbetonbauweise) oder einer Elementbauweise erstellt. Bei Elementbauweisen wird nach Pflasterdecken und Plattenbelägen unterschieden. Die verschiedenen Bauweisen erfordern den Einsatz unterschiedlicher Baustoffe und Bauverfahren, was Auswirkungen auf deren Ökobilanz über den gesamten Lebenszyklus hat.

Pflasterbauweisen und Bauweisen mit Plattenbelägen aus Betonsteinen weisen im Allgemeinen eine gute Ökobilanz auf. Insbesondere zeichnen sie sich durch einen vergleichsweise geringen Einsatz von nicht erneuerbarer Primärenergie aus, da unter anderem zur Bereitstellung der erforderlichen Baustoffe i. d. R. nur kurze Transportwege zur Baustelle nötig sind. Aber auch lokale Umweltwirkungen, wie z. B. das Versauerungspotenzial (Acidification Potential – AP), lassen sich beim Bau von Verkehrsflächenbefestigungen durch gezielte Baustoffauswahl minimieren.

In einer Ökobilanzstudie wurde nachgewiesen, dass für den Anwendungsbereich Gehweg die Betonpflasterbauweise den günstigsten Wert von insgesamt fünf technisch gleichwertigen Oberbauvarianten aufweist (Bild).

Diagramm zur Ökobilanz


Auch für einen Oberbau für die Belastungsklasse Bk3,2 zeigt die Betonpflasterbauweise hinsichtlich des Versauerungspotenzials im Vergleich zu einer Asphaltbauweise noch leichte Vorteile (nachfolgendes Bild).

Diagramm zur Ökobilanz

Bei der Entscheidung für eine ökobilanziell vorteilhafte Bauweise brauchen i. d. R. keine Abstriche hinsichtlich Funktionalität, Nutzungskomfort, Nutzungssicherheit und Dauerhaftigkeit der betreffenden Verkehrsfläche in Kauf genommen zu werden.


Quelle:
"Wirkung von Maßnahmen zur Umweltentlastung - Betonpflasterbauweisen"
Verfasser: Dr. rer. nat. Ingo Düring, Dipl.-Ing. Jochen Richard, Dipl.-Ing. Dietmar Ulonska
Sonderdruck aus der Ausgabe 01/2018 Straßenverkehrstechnik