Neue Mitte, Salem
Ein modernes Wohnquartier, ein neues Rathaus, ein Ärztezentrum, ein Park, zahlreiche Geschäfte und ein Polizeiposten gehören zur neuen Ortsmitte südlich des Schlosssees in Salem, die gleichzeitig auch die geografische Mitte der Gemeinde ist.
Salem besteht aus ehemals 11 selbstständigen Teilorten und war bislang ohne ein echtes Zentrum. 365 ° freiraum + umwelt aus Überlingen war mit der Planung der Außenräume des neuen Wohnquartiers beauftragt. braun-steine überzeugte als regionaler Hersteller mit Flexibilität bei Farbe und Form, als es in die Umsetzung der Beläge ging.
Farb- und Formenspiel
Die PKWs der Anwohner sind konsequent in Tiefgaragen untergebracht, damit der öffentliche Raum weitestgehend verkehrsfrei genutzt werden kann. Dies kam dem Landschaftsarchitekten Dietmar Gutermann von 365 ° freiraum + umwelt sehr entgegen, denn hierdurch erhielt die Eingrünung in der Planung einen hohen Stellenwert und der Bepflanzung obliegt – dies war auch der Wunsch der Gemeinde – der prägende Charakter für das Quartier. Die passgenaue Lösung für die Pflasterflächen erforderte im Vorfeld einiges an Kreativität hinsichtlich der Materialfindung und der Fertigung einer besonderen Farb- und Größenauswahl. „Die Fassaden der Wohnblocks sind in unterschiedlichen, durch einen vorausgegangenen Wettbewerb vorgegebenen, gelb-braunen Farbtönen geklinkert, was die Auswahl eines passenden Belags nicht einfach machte. „Wir haben uns das Sortiment verschiedener Hersteller angesehen, sind aber bei den Standards nicht fündig geworden. Ein kalter Grauton hätte funktioniert, war mir aber zu trist“, erläutert Gutermann. Er sprach die braun-steine-Gebietsleiterin Petra Kling an und schilderte seinen Wunsch nach einem Pflasterbelag, der möglichst mit allen Fassadenfarben harmoniert. „Diese Vorstellung war mit einem Farbton nicht zu erfüllen, das war uns beiden sehr schnell klar“, beschreibt Kling, die im Anschluss an den Vor-Ort-Termin direkt mit der Produktion die Idee korrespondierender Braun- und Beigetöne abstimmte.
Sonderedition
In der braun-steine-Kreativwerkstatt entstand eine Rezeptur in vier helleren und dunkleren Varianten. „Der Vorsatz enthält ein besonderes Moräne-Material und ist somit eine Sonderanfertigung mit eigener Rezeptur, mit der wir die Probeproduktion starteten. Das Pflaster selbst enthält einen hohen Anteil an Recyclingbeton“, erläutert Kling. Bei der anschließenden Objektbemusterung mit einer kleinen verlegten Fläche von einigen Quadratmetern im Quartier, waren sowohl Dietmar Gutermann als auch Bürgermeister Manfred Härle und ein Sachbearbeiter der Gemeinde vor Ort. Das Produkt mit seiner Farb- und Formvarianz überzeugte sowohl den Planer als auch den Auftraggeber. braun-steine startete mit der Produktion von vier Farbtönen in sechs Formaten für den Gehweg und zwei Formaten für die Längsrasenfugensteine mit VARIO-Funktion, die für die multifunktionalen Flächen im identischen Farbdesign beauftragt wurden.
Multifunktional – in vielerlei Hinsicht
Die Boulevards in Nord-Süd-Richtung sind sechs Meter breit und enthalten einen zwei Meter breiten barrierefreien Gehweg aus dieser Pflaster-Sonderedition. Daran schließt sich der vier Meter breite Multifunktionsstreifen an. Hierin befinden sich Gleditschien (Gleditsia triacanthos) und in den Querwegen Amerikanische Eschen (Fraxinus americana) als Klimabaumarten, trockenheitstolerante Stauden in Mischpflanzungen, aber auch Sitzbänke und Fahrradständer. „Wir hatten zuerst die Befürchtung, dass sich der eine oder andere Autofahrer auf diese Streifen zum Parken stellt, bevor die Stauden hoch genug sind, aber das ist nie passiert“, erinnert sich Gutermann. In Abstimmung mit den Eigentümern und dem Bürgermeister, der nach dem Motto „lieber einen Baum mehr als einen Parkplatz“ entschied, wurden aus Gründen der Verkehrsberuhigung auch auf der gegenüberliegenden Seite des Boulevards Bäume als Fahrbahnverengung gepflanzt. Doch nicht nur hier nahm Gutermann Änderungen vor, auch die ursprünglich schräg geplanten Besucherparkplätze wandelte er in Längsparkplätze mit Rasenfugenpflaster um, was aufgrund der Platzeinsparung beidseitige Gehwege ermöglichte. Die Bäume besitzen im Untergrund große Wurzelräume und werden durch die Versickerung des Niederschlags in den sechs Zentimeter breiten Fugen des Pflasters gut versorgt. Zudem leiten die Gefälle aus Gehweg und Fahrbahn das Niederschlagswasser in die Beete oder in den Bereich des Längsrasenfugenpflasters.
So viel Entsiegelung wie möglich
„Die breiten Vegetationsfugen des Pflasters brachten mich zudem auf die Idee, ausgewählte Geophyten, die auf extensiven Dachbegrünung gedeihen, zu pflanzen und eine autochtone Wildkräutermischung auszubringen“, verrät Gutermann. Nun erfreuen im Frühling Krokusse (Crocus tommasinianus), Weinberghyazinthen (Muscari neglectum) und eine Wildtulpenart (Tulipa turkestanika) die Anwohner und lassen die Pflasterfarben gleich noch intensiver erscheinen. Auch die Wildkräuter haben sich zwischen dem Längsrasenfugenpflaster sehr gut etabliert und sorgen mit ihren Blüten für Farbtupfer im Sommer. Dieses Angebot an heimischem Pollen und Nektar unterstützt zudem die Biodiversität. Die breiten, mittlerweile grünen Fugen versickern zuverlässig das anfallende Regenwasser und zeichnen einen weichen Übergang zwischen den Stauden- und Multifunktionsflächen. Durch die Verdunstung der Pflanzen innerhalb der Fugen heizen sich diese Abschnitte im Sommer weniger auf, was für eine angenehme Aufenthaltsqualität sorgt. Die Gehwege sind mit einer normalen Fugenbreite verlegt, was eine bequeme Passierbarkeit für Rollstühle, Rollatoren und Kinderwägen gewährleistet.
Ein rundes Zusammenspiel
Die Nord-Süd-Achsen des Quartiers sind sonnenverwöhnt, die Querstraßen liegen im Schatten, weshalb sich hier die Varianz der Steine auch in den Staudenpflanzungen widerspiegelt. Die einzelnen Pflanzmodule wiederholen sich in den Straßenzügen, genauso wie das aparte Verlegemuster. „Für die Steine gab es einen Verlegeplan, damit ohne Schnitte gebaut werden konnte. In der Realität gab es dann natürlich trotzdem Situationen, die einen Schnitt erforderten“, erklärt Gutermann. Der findige Vorarbeiter der Fritz Müller GmbH, Garten- und Landschaftsbau aus Weingarten, bastelte sich Schablonen für die Vielfalt an Steinfarben und -Formaten und beschleunigte durch diese Vorsortierung die anspruchsvolle Verlegearbeit, die für eine sehr ansprechende Pflasteroptik sorgt. Das Auge hat jedenfalls keine Langeweile bei der Nutzung dieser Gehwege. Das Muster wirkt wie ein fortschreitendes grafisches Puzzle, das mit der abwechslungsreichen Bepflanzung durchaus Schritt halten kann.
Die Baukosten lagen bei rund 1,5 Millionen Euro und unterschritten somit den vorgegebenen Kostenrahmen. „Wir hatten leichte Massenüberschneidungen, der Kies vor Ort war verwendbar und dadurch, dass alle Gebäude auf der richtigen Höhe lagen, konnten wir uns die geplanten Entwässerungsrinnen sparen“, freut sich Gutermann, der das Projekt nach rund 16 Monaten Bauzeit im Mai 2022 erfolgreich abschloss.
Objekt
Neue Mitte Salem
Planung
365 ° freiraum + umwelt, Kübler Seng Siemensmeyer Partnerschaftsgesellschaft bdla, Überlingen
Ausführung
Fritz Müller GmbH, Garten- und Landschaftsbau, Weingarten
Fertigstellung
Mai 2022
Produkt
Sonderanfertigung TESCADO® kugelgestrahlt, 2 Beige-Töne und 2 Grau-Töne, Bahnenware mit 6 Formaten: VS5 in 12,8 cm Steindicke, Bahnenbreiten 15 cm, 22,5 cm und 30 cm
Längsrasenfugenpflaster mit VARIO-Funktion, 60 x 30 x 12,8 cm
Produkthersteller
braun-steine GmbH